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Vorhang auf: opernKompass 2025

Im März 2025 ging es für 20 Teilnehmende des Studienkompass nach Dortmund zum opernKompass. Ein Wochenende lang zeigte Workshop-Betreuerin Kristina Senne aus dem Theater Dortmund den Jugendlichen die Welt der Oper und ihre verschiedenen Berufe. Über die gesammelten Eindrücke und die besondere Erfahrung in der Oper berichtet unsere Stipendiatin Mona. Die Veranstaltung wurde ermöglicht durch unseren Initiativpartner Deutsche Bank Stiftung.


Monas Eindrücke über den opernKompass

Die Oper weckt als im 17. Jahrhundert entstandene Gattung des Musiktheaters bei vielen zunächst Assoziationen von schwer verständlichem Gesang und statischen Bühnenbildern, die hauptsächlich Menschen eines hohen Alters sowie Einkommens begeistern. Doch werden diese harschen Vorurteile wirklich einer Kunstform gerecht, welche bereits mehrere Jahrhunderte besteht und Menschen auf der ganzen Welt begeistert? Wie ist es, sich mit den Inhalten einer Oper zu beschäftigen und sich auf ihre einzigartige Ausdrucksform einzulassen? Um auf diese Fragen Antworten zu finden, nahmen 20 Stipendiatinnen und Stipendiaten des Studienkompass an dem diesjährigen Opern-Workshop teil. Für ein Wochenende ließen sie sich so auf eine Reise zu einem Ort ein, den sie anderenfalls vielleicht nie kennengelernt hätten: Dem Opernhaus.

Jene Reise begann am 14. März 2025 mit einer Führung durch das wunderschöne Staatstheater Dortmund. Zunächst durften wir etwas über die interessante und zugleich tragische Entstehungsgeschichte des Theatergebäudes erfahren. Denn diese steht an dem selben Ort wie ursprünglich eine der schönsten Synagogen. Jene wurde von den Nationalsozialisten zunächst wegen ihrer wertvollen Rohstoffe abgetragen, um ihre Grundmauern im Rahmen des Novemberpogroms 1938 abzubrennen. Paradox, wie ein Ort zugleich durch seine Geschichte und Gegenwart das menschliche Potential zur Grausamkeit und sein Streben nach Kunst und Kultur widerspiegeln kann. Es ist beeindruckend, wie das Theatergebäude es schafft, neben dem bewussten Umgang mit ihrer Verantwortung und der Aufklärungsarbeit durch seine architektonische Gestaltung – mit dem gewölbten Dach und der wunderschönen leuchtenden Milchstraßenwand – eine inspirierende und einladende Atmosphäre zu kreieren.

Während wir durch die zahlreichen Gänge der Oper schlenderten, erhielten wir bei der Führung Einblicke in die verschiedenen Sparten und Fachbereiche. Wir erfuhren, wie Ton- und Bildtechnik, Maske, Kostüm, Vertrieb und Marketing im Rahmen der verschiedenen Kunstformen zusammenarbeiten. Dabei führte uns der Weg zum Zuschauerraum, welcher durch seine prunkvolle Verzierung und schiere Größe eine sehr einnehmende Wirkung hatte. Auch die Bühne mit ihren angrenzenden Nebenräumen und hohen Decken, die es der Bühnencrew erlaubt, Bühnenbilder in kürzester Zeit zu verändern, durften wir bestaunen. Bevor wir anschließend den Kostümfundus besuchten, warfen wir noch einen Blick in den Arbeitsbereich der Maske. Dieser ist nicht nur für die Schminke, sondern auch für das Knüpfen von Perücken verantwortlich. Im fünfstöckigen Kostümfundus angekommen, tat sich vor uns ein Meer aus leuchtenden Farben und Stoffen auf, die jede Person durch wenige Handgriffe zu einem barocken Adligen oder einem Hippie aus den 60er Jahren verwandeln kann. Der letzte Raum, den wir betreten durften, war der Schaffungsort für Gemälde und Szenenplastiken, die für die Inszenierungen benötigt werden. Vor uns erstreckte sich ein riesiger Raum mit Kunstwerken in verschiedensten Stadien der Fertigstellung und zahlreichen Kunstutensilien in Übergrößen. Ein Anblick der puren Schaffenskraft und Kreativität, die uns alle durch ihre Liebe zum Detail in Staunen versetzte.


Mit einem beflügelten Geist voller neuer Eindrücke und Gefühle gingen wir zum Abendessen. Dieses blieb aber durch das Gespräch mit dem Dramaturgen Nikita Dubov, der von seiner Arbeit an der Stückentwicklung und dem Hintergrund der Oper „Don Giovanni“ erzählte, nicht weniger ereignisreich. Die ersten Überlegungen des Regisseurs zur Inszenierung beschrieb Nikita dabei als verrückten Traum, der erst durch die Zusammenarbeit mit dem Dramaturgen für das Publikum greifbar wird. Für diese Feinarbeit bedarf es ein ausgeprägtes Literatur- und Musikverständnis des zu inszenierenden Stoffs.

Der zweite Tag begann mit Atem- und Präsenzübungen. Nach diesen sprachen wir grob über die Handlung von Mozarts und Da Pontes Oper „Don Giovanni“ und gingen schließlich zur Szenenarbeit in Gruppen über. Dabei war es sehr spannend, selber die Szenen zu inszenieren und zu zusehen, wie auch die anderen ihrer Kreativität freien Lauf ließen. Die harmonische und offene Gruppendynamik schuf dafür einen geschützten Raum, in dem wir uns ausprobieren konnten. Nachdem wir über die Kostüme und die Interpretation der Regisseurin der abendlichen Aufführung gesprochen hatten, bekamen wir die Möglichkeit, uns mit den beiden Protagonisten des Stücks und Opernsängern auszutauschen: Denis Velev (Don Giovanni) und Morgan Moody (Leporello). Beide Künstler waren sehr offen und beantworteten all unsere neugierigen Fragen über ihren Berufsweg. Besonders im Kopf geblieben ist mir dabei eine Aussage von Morgan Moody. Er erzählte, er hätte viele Künstlerinnen und Künstler mit mehr Gesangstalent als er selbst getroffen, die aber nun nicht als Opernsängerinnen oder -sänger arbeiteten, weil sie im Gegensatz zu ihm nicht drangeblieben seien. Dies verdeutlichte auf motivierende Weise, wie wichtig Ausdauer und Entschlossenheit beim Erreichen seiner Träume waren.

Nachdem wir uns dann alle herausgeputzt hatten, gingen wir am Abend gemeinsam zur Opernvorstellung „Don Giovanni“. Aufgeregt saßen wir in dem prunkvollen Zuschauerraum auf unseren Plätzen, bis das Licht gedimmt wurde und die Oper begann. Es war überwältigend, wie das Zusammenspiel von Gesang, Schauspiel, dem Bühnenbild, den Lichtern und der Orchestermusik jedes Vorurteil gegenüber der Oper im Keim erstickte. Plötzlich kam alles zusammen, all die einzelnen Bereiche, denen wir uns zuvor gewidmet hatten, ergänzten sich nun in einer einzigartigen Symbiose und zu einem ergreifenden Kunstwerk. Die Zuschauenden wurden von einer Welle der Emotionen ergriffen. Denn selbst wenn keiner von uns ein berüchtigter Frauenverführer war, so kannten wir doch alle Schmerz, Eifersucht, Sehnsucht und den Drang nach Freiheit. So wurde ein Stück, welches 1787 seine Uraufführung hatte, auch hunderte Jahre später abermals aktuell.

Am letzten Tag ließen wir den opernKompass mit einer Standbildübung und einem reflektierenden Gespräch über das Workshop-Wochenende ausklingen. Hierbei wurde deutlich, wie viele von uns positiv überrascht von der Oper waren und einen abermaligen Besuch in Erwägung zogen. Das Wochenende war für uns voller interessanter Informationen und neuer Eindrücke, welche ihren Höhepunkt in unserem Opernbesuch fand. Es war sehr beeindruckend, wie viele Menschen mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten an einem Projekt zusammenarbeiten, um eine Geschichte erzählen zu können, welche die Kraft hat, die unterschiedlichsten Leute emotional zu berühren.

Es war eine besondere Erfahrung, mit und von so vielen interessanten Personen lernen zu dürfen, und zu sehen, wie der eigene Beruf zur Selbstverwirklichung beitragen kann. Dank des Studienkompasses, der Deutschen Bank Stiftung und des Theaters Dortmund konnten wir so hinter die Kulissen der Oper schauen und erfahren, was alles geschehen muss, bevor es heißt: „Vorhang auf!“